Hallo Forum,
ich bin neu - mein Mann ist Messie und ich bin am Ende mit meiner Kraft.
Es ist über die Jahre immer schlimmer geworden. Er ist der liebevollste, netteste, rücksichtsvollste Partner, den man sich nur vorstellen kann, und der beste Vater für unser kleines Baby, aber mittlerweile bin ich fast so weit, dass ich ausziehen möchte. Wir sind gerade umgezogen und ich bin eigentlich kurz davor, meine Umzugskartons gar nicht auszupacken, sondern mir eine eigene Bleibe zu suchen.
Er hortet vor allem Devotionalien und Papier, größtenteils aus Sentimentalität. Es stapeln sich überall Zeitungsartikel oder Zeitungsteile, die er aufhebt, um sie im Unterricht zu verwenden (nur um dann doch immer nichts zu finden); versucht er etwas abzulegen, bricht er nach kurzer Zeit ab, weil er "keinen passenden Platz" in seinen Ordnern findet. Er meint dann, dass er den Artikel im Ordner nicht wiederfinden würde; aber in einem riesigen Papierstapel findet er ihn ja noch viel weniger!
Er ist unglaublich sentimental und hebt wirklich jeden Schei* auf, der ihn an etwas schönes erinnert, z.B. kaputtes Spielzeug aus der Kindheit, Einkaufstüten von Urlaubsreisen, scheußliche Urlaubsmitbringsel, ausgetrunkene Weinflaschen in Remineszenz an einen schönen Abend, uralte Klamotten aus den Jugendjahren, kaputte Möbel und so weiter. Vor 4 Jahren haben wir uns über Tage bis aufs Blut gestritten über einen kleinen Rest Früchtetee mit Haltbarkeitsdatum 1986 (!!), den ich aus Angst vor Ungeziefer partout nicht in die Küche einziehen lassen wollte. Ich hätte mit dem Aufheben an sich ja gar kein Problem, wenn er alles in Kisten verpacken und auf dem Dachboden stapeln würde --- er drapiert aber alles in den gemeinsam genutzten Wohnräumen, wo alles nur verstaubt und es ausschaut wie in einem Trödelladen. Ein bisschen hat ihm zu Denken gegeben, dass ich mittlerweile verboten habe, Besuch zu empfangen, weil ich mich so schäme. Wenn ich dran denke, dass unser Baby mal irgendwann in ein Alter kommt, wo andere Kinder oder deren Eltern uns besuchen kommen möchten, bekomme ich Panikanfälle.
Gleichzeitig ist er unglaublich pedantisch, beispielsweise darf eine benutzte Socke keinesfalls eine frische Socke berühren, da die frische Socke sonst kontaminiert werden könnte. Da fehlt mir dann wirklich jedes Verständnis, vor allem weil er auf Urlaubsreisen die ganzen benutzten Klamotten wild im Auto auslegt, anstatt sie in einer Tüte in den Koffer zu packen, aus Angst, dass die frischen Sachen im Koffer sonst dreckig werden könnten. Ich finde es viel ekliger, das Zeug im Auto frei herumliegen zu haben, weil man den Innenraum im Auto ja auch viel schwieriger reinigen kann. Auch dass sein Büro in der alten Wohnung in den 4 Jahren seit Einzug kein einziges Mal geputzt wurde, stört ihn überhaupt nicht, obwohl sich Staub und Spinnweben zentimeterhoch stapeln. Sowas finde ich hingegen ziemlich eklig und unhygienisch.
Ich neige selbst ein kleines bisschen zum Sammeln (nicht aus Sentimentalität, eher aus Faulheit), schaffe es aber doch immer wieder, radikal auszumisten und mich von allem möglichen Geraffel zu trennen. Ein Ordnungsfanatiker bin ich eigentlich auch nicht, ich bestehe nur an den "neuralgischen" Stellen wie Küche und Bad auf Sauberkeit.
Ich schmeiße mittlerweile immer wieder heimlich Sachen weg, komme mir dabei aber ziemlich fürchterlich vor, weil ich ihn so hintergehe. Ich kann nur hoffen, dass er mir nie drauf kommt... Erfolg werde ich auf Dauer jedenfalls sowieso nicht haben, dafür ist die Menge an Geraffel einfach zu groß. Lieber wäre mir allerdings auch, er würde selbst mal was wegwerfen. Ich versuche, so gut es nur geht keinen Zwang aufzubauen, sondern lobe ihn immer überschwänglich, wenn er es doch mal schafft, etwas auszusortieren. Ich habe ihm natürlich auch meine Hilfe angeboten und versuche, ihn zu motivieren, z.B. mit mir jede Woche ein Fach im Kleiderschrank auszumisten. Er sieht aber immer nur das "große Ganze" und kapituliert vor dem riesigen Berg an Gerümpel. Dass man mit stetigen kleinen Aufgaben und Hartnäckigkeit auch irgendwann einen Erfolg haben wird, kann er sich nicht vorstellen. Er leidet unglaublich unter seinem Chaos und will auch anders leben, ist aber wie gelähmt angesichts der riesigen Aufgabe.
Er hat ein eigenes Zimmer und ich habe ihm zusätzlich nach dem Umzug noch den ganzen Dachboden zugestanden, wo er wirklich machen und aufheben kann, was er will; die einzige Bedingung meinerseits war, dass bitte nichts schimmel- oder ungeziefer-gefährliches aufgehoben wird, ansonsten kann er dort machen, was er will. Es reißt jetzt aber schon nach kurzer Zeit nach dem Umzug ein, so dass er überall schon wieder mit dem Drapieren von irgendwelchem Krempel in den gemeinsam genutzten Räumen anfängt, obwohl wir das anders besprochen hatten.
Wie schaffe ich es, Grenzen zu ziehen, die er auch einhält?