Hallo,
ich bin neu hier im Forum und bin sehr froh, es gefunden zu haben!
Ich bin inzwischen schon Mitte 20, in unserem Zuhause herrschte seit ich denken kann, Chaos. Angefangen hat es mit nur einem Zimmer in einer Wohnung, das von Fremden nicht betreten werden durfte weil es so vollgestellt war. Später wurde dann das ganze Haus vollgestellt, was sich bis heute kaum geändert hat. Seit ein paar Jahren wohne ich nun nicht mehr zuhause - war sehr froh, aus dem Chaos fliehen zu können.
Da ich jetzt auch nicht gerade um die Ecke wohne, und ich meine Mama eigentlich sehr gerne habe, komme ich trotzdem nicht drumrum und besuche sie ca. alle 2-3 Wochen über das Wochenende. Meine Schwester ist zum gleichen Zeitpunkt wie ich ausgezogen, sie kommt auch alle 2 Wochen ungefähr heim. Außer zu uns und bei ihrer Arbeit, hat meine Mutter so gut wie keine Kontakte. Frühere Freundschaften pflegt sie nicht weil sie dafür keine Zeit hat (sagt sie) und sie den Leuten, glaube ich, auch nicht so traut. Zu ihrer Verwandtschaft hat sie, wenn überhaupt, nur noch Kontakt bei Pflichtterminen. Mit vielen Verwandten ist sie zerstritten, wie auch mit meinem Vater und seiner Familie (mit denen ich aber auch so gut wie keinen Kontakt mehr habe).
Also, wie gesagt, ich komme nicht drumrum, sie zu besuchen. Manchmal mache ich dann auch nur Tagesausflüge und treffe mich in der nächstgrößeren Stadt mit ihr, um das Haus zu umgehen. Meistens übernachte ich aber dann eben doch, weil es sonst auf Dauer zu stressig ist und es mir dann auch leid tut. Ich weiß nicht, ob der Gedanke unsinnig ist, aber ich möchte ja auch eine gute Tochter sein, die sich um ihre Mutter kümmert.
Was ich auch noch hinzufügen möchte ist, dass sie es in ihrem Leben nicht leicht hatte und ich sie wirklich für eine starke Frau halte. Umso mehr würde ich es ihr wünschen, dass sie aus diesem Chaos rauskommt. Sie ist an sich ein geselliger Mensch, und so wie sie von der Vergangenheit redet, war sie das auch mal, aber irgendwie wirkt sie so enttäuscht und niedergeschlagen über sich selbst, dass sie da einfach nicht selber rauskommt. Eine Therapie würde sie nicht machen, weil sie sowieso alles alleine schaffen möchte, schwer Hilfe annimmt, keine Zeit für sowas hat etc. Sie hat z. B. auch keine Zeit für Sport, Urlaub nur ganz selten.. sie ist ein echtes Arbeitstier.
Mit anderen Hortern bzw. Messies hat sie gemein, dass ihr es schwer fällt, Dinge wegzuschmeißen, nach dem Motto "Lieber nochmal aufheben, vielleicht kann man es ja irgendwann doch gebrauchen". Als ich noch daheim gewohnt hab, hat sie z. B. öfters Sachen wieder aus dem Müll genommen, die ich weggeschmissen hab.Ebenfalls ist sie eindeutig perfektionistisch veranlagt: Sie macht nur dann Dinge, wenn sie sie zu 100 % gut machen kann. Sie übernimmt selten Verantwortung für ihre Fehler und ihr Tun - es sind zuerst meistens die Anderen schuld (sie kommt zu spät weil er Lastwagenfahrer vor ihr fuhr zu langsam etc.. bessere Beispiele fallen mir gerade leider nicht ein). Mir ist auch noch aufgefallen, dass sie viele Dinge nicht wegwirft, weil sie damit eine besondere Erinnerung verbindet. Sie hat es übrigens schon vor Jahren eingesehen, dass sie ein Problem hat. Die Fortschritte scheint aber nur sie zu sehen, z. B. eine Ecke im Keller aufgeräumt oder sowas. Ich sehe eher immer, dass "umgeräumt" und nicht "aufgeräumt" wird. Und, mir kommt es so vor, dass es immer schlimmer wird.. langsam merkt sie nämlich, dass sie nicht mehr die Jüngste ist, und dass sie einfach viel weniger schafft als sie das möchte. Und, im Haus fallen immer mehr Reparaturen an, die sie nur im äußersten Notfall (Heizung kaputt im Herbst/Winter) reparieren lässt - ansonsten repariert sie es selber oder es bleibt einfach kaputt. Wir haben z. B. schon seit ich denken kann eine Spülmaschine, die aber kaputt ist. Wir haben zwei Mikrowellen - eine kaputt, aber steht noch an ihrem Platz - die andere geht zwar, da ist aber irgendwas mit dem Anschluss, eine kaputte Waschmaschine usw. Sie schmeißt die Sachen dann auch nicht weg, mit der Begründung, dass sie sie nicht tragen kann. Nachbarn fragen geht nicht weil sie ja das Chaos sehen würden. Neue Dinge will sie sich nicht anschaffen weil sie nie zu 100 % ihren Vorstellungen genügen und es sich ja sowieso nicht mehr lohnt, eine Spülmaschine für sich alleine anzuschaffen. Geht klar - stattdessen lässt sie das Geschirr immer stapeln, weil es sich dann auch erst lohnt, es abzuspülen weil sonst zu viel Wasser verbraucht wird.. lieber steht sie dann 2-3 Stunden am Spülbecken und jammert dann wieder rum, wenn sie zu nix kommt. Ich verstehe das einfach nicht und könnte manchmal wahnsinnig werden.
Das ist jetzt doch ganz schön lang geworden.. mein Problem ist einfach, dass ich nicht weiß wie ich damit umgehen soll. Ich hab selber eine schwere neurologische Erkrankung, die durch Stress getriggert wird. Gesundheit steht für mich an oberster Stelle. Nur, wie soll ich Stress umgehen bei diesem Chaos? Ich bin auch einfach langsam echt wütend auf sie, weil es nicht schafft, ihr Leben endlich auf die Reihe zu kriegen und mich dabei vernachlässigt.. es tut mir leid, das so böse zu schreiben. Und es nervt mich wahnsinnig, dass sie es sich selbst nicht wert ist, für sich zu sorgen, z. B. Sport zu treiben, weniger zu arbeiten. Oder, wenn sie meint, die Bio-Eier sind "meine" Eier weil sie sozusagen zu "gut" für sie selbst sind. Dazu kommt, dass ich einen Freund hab, der zwar auch schon zu Besuch war (klar, war einigermaßen aufgeräumt), der aber auch von dem Horten von der Mama weiß. Spontane Besuche mit ihm sind ihr aber peinlich und ich möchte sie ja auch nicht in Verlegenheit bringen. Ich hab auch Angst vor der Zukunft: Sie wird immer älter, und so schlecht wie sie sich um sie sorgt, gebrechlicher, und wie soll sie das schaffen, alles aufzuräumen?
Ich freue mich sehr über einen Austausch. Ich kenne sonst noch keinen anderen Messie oder Angehörige von Messies persönlich.