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Tach auch ...
#36
Moin
Oh je, numi, Du hast ja sooooooooooooooo recht! Auch wenn nur wenig geht, muss ich mir ja das Wenige nicht zusätzlich schlecht reden. Es lag einfach daran, dass das fast alles vorbereitete kleine Dinge waren (die Altkleidersäcke waren schon im Auto, das Altpapier stand an der Tür griffbereit usw.), die nur wenige Handgriffe erfordern. Aber auch das muss ja getan werden! Ich vergleiche mich einfach zu sehr mit dem Normalzustand.
Ich war wieder so fixiert auf die drei dinge, die ich mir jeden Tag vornehmen wollte, dass ich das Naheliegende nicht gesehen habe: An Tagen, an denen ich morgens schon merke, heut wirds schwierig, fange ich mir einer Sache an, schließe die ordentlich ab, und nach der Belohnung kommt eine weitere oder auch nicht, Das nimmt den Druck raus, ganz klar, und dann geht wahrscheinlich mehr als erwartet.
Der Tag heute fängt besser an: Während die Kaffeemaschine lief, hab ich die Spülmaschine eingeräumt und gestartet und einen Korb Wäsche zusammengelegt. Und sofort kommt das Gefühl auf: Heute geht was :D
Jetzt erstmal frühstücken.
Ich wünsche allen einen besonders schönen Sonntag!
Gold
Silber
Bronze
Medaille
Pokal
"und dann geht wahrscheinlich mehr als erwartet."
So ist es. Es dreht sich alles um die Frage: "Lohnt sich das?" Berechnet wird der benötigte Energieaufwand im Verhältnis zu dem Vorteil, der sich daraus für dich ergibt. Der Vorteil muss sehr viel größer sein, wenn die Arbeit anstrengend oder sogar schmerzhaft ist. Bei vielen Aufgaben ist der Energieaufwand zu groß im Verhältnis zu dem Lohn der Mühen (Belohnung/Vorteil), den man daraus ziehen würde.
"Ich könnte jetzt hier zwei Stunden aufräumen, und es würde immer noch fast genauso schlimm aussehen wie vorher" - Mein Vorteil ist minimal im Vergleich zu dem, was ich zu leisten bereit und fähig wäre. "Ich müsste hier 3-4 Tage richtig ranklotzen, bevor man wirklich einen Unterschied sieht" - Dafür ist der Vorteil "aufgeräumte Wohnung" zu gering. Mit jedem Tag, den eine Wohnung mehr vermüllt, wächst gleichzeitig das Unbehagen, aber auch die Größe der Aufgabe. "Ich müsste hier 5-6 Tage richtig ranklotzen, bevor man den Unterschied sieht" - Gleiches Ergebnis, noch lautere negative Verstärker, und noch mehr Anstrengung. Wenn mans schon nicht gemacht hat, als es nur 3-4 Tage gewesen wären, macht mans logischerweise für denselben Vorteil auch dann nicht, wenn sich allein der Arbeitsaufwand vergrößert, nicht aber der Vorteil "dann wäre das Haus ordentlich", der sich daraus ergibt.
Deshalb muss an den Vorteilen geschraubt werden. Es muss mehr Vorteile geben, als die ordentliche Wohnung allein. Deshalb das Beispiel: "Würdest du vier Wochen lang ranklotzen, wenn du dafür eine entrümpelte Bude und 10 Millionen Euro bekämst?"
Wenn du das mit "ja" beantworten kannst, zeigt das, dass du unterbelohnt bist. Das heißt, du könntest, wenn du wolltest - du willst nur nicht. Es liegt nicht an Wehwehchen oder Zeitmangel, es liegt allein daran, dass es sich für dich nicht genug lohnt, die Zähne zusammenzubeißen und es durchzuziehen.
Da man sich im wirklichen Leben nicht mit 10 Mio. Euro belohnen kann, bleibt einem keine andere Möglichkeit, als das Entmüllen auf kleinere Arbeitsschritte zu verkleinern, damit wir jede Teilleistung einzeln bewerten können. Um das ganze Haus zu entrümpeln, bräuchte man 10 Mio Euro, aber um einen einzelnen Korb mit Altpapier zu füllen, und dieses zu entsorgen, reicht vielleicht ein Eis, oder ein heißes Bad, oder eine Tasse Tee. Wenn wir 9580 Teilaufgaben verhandeln, leisten, belohnen, ist das Haus auch ordentlich - und das hat uns keine 10 Mio gekostet, sondern jede Menge Tee, Schokoriegel, Kinobesuche, Spaziergänge, Lieblingsserien-Folgen, Schaumbäder, Obstplatten und Mußestunden auf dem Balkon. Wenn diese "Bezahlungen" geschickt gewählt sind, haben sie sogar einen Mehrwert. Wir müssen all das nicht aufbieten, um jemand anderen dafür zu bezahlen, dass er unsere Arbeit erledigt, sondern wir können uns damit selbst bezahlen.
Also wer bereit ist, einen Entrümpelungsdienst für 2000 Euro zu beauftragen, der wäre besser bedient, wenn er die 2000 Euro benutzt, um sich selbst dafür zu belohnen, dass er Stück für Stück entrümpelt.
Interessant an dieser Energieaufwandsberechnung ("Energiekosten-Nutzen-Analyse") ist, dass sie sämtliche Entscheidungen beeinflusst, die wir treffen. Sie geschieht rasend schnell und unterbewusst.
Ein Beispiel: Du willst ein Glas Gurken aus dem Keller holen, und du hörst deinen Partner aus der Küche rufen: "Komm mal bitte und hilf mir!" Du entscheidest sofort, den Gang in den Keller abzubrechen, und zu ihm zu gehen, wenn du auf einer der obersten Treppenstufen stehst, während du ihn rufen hörst. Stehst du aber auf einer der untersten Treppenstufen, entscheidest du dich, zuerst die Gurken zu holen, bevor du zu ihm raufgehst. (Es sei denn, der Tonfall deines Partners legt nahe, dass du dafür keine Zeit haben könntest, weil er zum Beispiel in Gefahr ist - dann ist das Risiko, trotzdem zuerst die Gurken zu holen, die Energieaufwands-Ersparnis nicht wert, aber das nur nebenbei)
Irgendwann kommt der Wendepunkt, wann es sich mehr lohnt, das eine zu tun, anstatt das andere. Am Beispiel der Treppe: Auf den ersten Stufen würdest du zurückgehen, aber sobald du Stufe X erreichst, lohnt es sich plötzlich mehr, erst das Glas zu holen. Diese Stufe ist dann der "Wendepunkt", an dem es sich mehr lohnt, die Arbeit fortzusetzen, als sie abzubrechen, und zu einem späteren Zeitpunkt zu ihr zurückzukehren. Wenn man diesen Wendepunkt erreicht, will man nicht aufhören.
Anderes Beispiel: Ein Geschirrberg. Du "müsstest" alle Teile spülen, kannst dich aber nicht dazu aufraffen, weil der Berg zu groß ist. Also verhandelst du mit der Forumsmethode 10 Teile, zu denen du dich aufraffen kannst. Dann denkst du dir: "Hey, war nicht so anstrengend, das Spülwasser ist noch frisch, ich mach jetzt noch mal zehn Teile." Dann hast du mehr geschafft, als du dir vorgenommen hattest, weil der Energieaufwand, 10 zusätzliche Teile zu spülen, geringer war, als sich zu einem späteren Zeitpunkt noch mal frisches Wasser einlassen zu müssen. Aus genau dem Grund bleibt übrigens bei vielen Leuten (auch bei mir) am Ende die schmutzige Pfanne stehen, die man auf dem Herd vergessen hatte, und die man erst entdeckt, nachdem man schon das Spülbecken saubergemacht hat. Es kostet zu viel Energie, diese eine, stark verschmutzte Pfanne zu reinigen, um mit dem Spülvorgang deshalb noch einmal von vorn anzufangen. Wäre der letzte Gegenstand, den man entdeckt, ein übersehener Kaffeelöffel, würde man ihn noch schnell abspülen, weil er im Vergleich zur Pfanne kaum Energie kostet.
Wenn man also weiß, dass sämtliche Prozesse eine Frage von Energiekosten und Nutzen (Vorteil/Belohnung) sind, kann man an allem herumschrauben: Energieaufwand verringern, Nutzen vergrößern - solange, bis man nichts davon erledigen "muss", sondern alles erledigen "will". Dann schafft man nicht nur "wahrscheinlich mehr als erwartet", sondern man schafft gigantisch viel mehr als erwartet. Dann setzt du dieselben Kräfte frei, die du freisetzen könntest, wenn du für das ganze Haus 10 Mio Euro bekommen würdest. Die Energie ist nämlich da - du siehst bloß nicht ein, sie dafür auszugeben.
#38
Eigentlich kann man das für jedes beliebige Problem anwenden,oder ?
Diese Gedanken auf meine im weitesten Sinne gesundheitlichen Probleme anzuwenden, das
fällt mir jetzt aber nicht leicht. Ich lass das daher erstmal stehen und kümmre mich um meine aktuelle "Kleinteile-Wirtschaft" .
Grüssele Mausohr
#40
Ganz herzlichen Dank für diesen sehr eingehenden Beitrag, numi, ich bin ganz gerührt, dass Du dir so viel Zeit für meine Schwierigkeiten nimmst .
Das klingt alles so total einleuchtend, es macht mir Hoffnung, dass ich es schaffe, meine Energie richtig einzusetzen. Ich arbeite dran .
Für heute hab ich im reduzierten Sonntagsmodus einige Tüten Müll in die Tonne gebracht, eine Spülmaschine in Gang gesetzt und die Ecke im Keller, wo das Katzenklo steht, gekehrt und geputzt (das hatte ich mir für heute vorgenommen). Jetzt noch eine Maschine Wäsche waschen, trocknen und zusammenlegen, dann ist es für heute genug.
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