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Ich möchte mich vorstellen
Mein Name ist Maren, ich habe im Frühjahr 2007 einen sehr lieben Mann getroffen, und seitdem sind wir ein Paar. Bis zum Anfang des letzten Jahres lebten wir getrennt, und haben uns immer nur bei mir getroffen. Sein "Heim" kenne ich, er hat es mir noch 2007 gezeigt, aber dort wollte ich, auch nach Anfrage von ihm, nicht übernachten oder leben. Ich hatte damals 2006 eine Trennung nach 25 Jahren Ehe hinter mir, suchte Nähe, aber keine Verantwortung. Es war mir genug, wenn wir uns aneinander freuten und neben meiner Arbeit unsrere Freizeit nett miteinander verbrachten. Seine Offenheit und sein Vertrauen, mir "sein" Chaos zu zeigen, haben mich berührt - und ich habe ihm sein Reich weiterhin überlassen, und wollte mich nicht damit auseinander setzen. Ich dachte: "DAS ist seins - nicht Meins".
So gingen die Jahre dahin. Er war immer bei mir, wir machten schöne Urlaube und mir machte es nix aus, meinen Standard in Bezug auf Sauberkeit und Aufgeräumtheit etwas zurück zu nehmen, nachdem er mir vorwarf, ich wäre "penibel".
Manchmal jedoch konnte ich nicht mehr, und wollte für mich sein... ich habe eine sehr kleine Wohnung. Das wurde dann zunehmend schwierig, ihn nach sich in sein zuhause zu bringen. Ihm ging es schlecht, und mir ging es auch schlecht, wenn ich mich wieder mal durchgesetzt hatte. Aber ich dachte, ich muss das tun, muss mir selber gerecht werden, und mein Bedürfniss nach Alleinsein durchsetzen.
Im Frühjahr des vergangenen Jahres hatte er dann einen Schlaganfall mit 63 Jahren. Ich wollte gerade um kurz vor 6 Uhr zur Arbeit fahren - OK, das ist ne andere Geschichte.... ER hat Glück gehabt. Kann essen, sprechen, gehen, trinken und er hat keine Lähmungen oder Paresen. Aber ich bringe es nicht mehr über mich, ihn alleine in seinem Heim zu lassen.
Über seinen langjährigen Hausarzt hat er sich bereit erklärt, mir eine Vollmacht zu geben, damit ich ihn in seinem täglichen Lebensablauf unterstützen kann.
Somit bin ich eingestiegen, und habe mich erstmals um seine Angelegenheiten gekümmert. Es stellte sich heraus, das in seinem Haus seit mind. 2 Jahren nicht mehr geheizt worden war, weil die Gaswerke den Anschluß gesperrt hatten wegen Zahlungsunstimmigkeiten. Als Folge davon froren Wasserleitungen und Heizungsrohre kaputt - er konnte also nicht heizen, hatte kein Wasser, kein funktionierendes WC- und er hat sich mit Heizlüfter und abgefülltem Wasser aus dem Keller ausgeholfen (und gleichzeitig kam es zu Leckagen durch die gebrochenen Wasserleitungen im Haus).
Ein Desaster!
Handwerker konnte und wollte er nicht in die Wohnung lassen. Rechnungen hat er schon länger nicht bezahlt, Steuererklärungen nicht mehr gemacht, Mahnungen nicht beachtet und erst nach Haftandrohung durch den Gerichtsvollzieher dann letztendlich in bar an der Haustür bezahlt. Der Briefkasten war ständig überfüllt, weil er ihn nicht geleert hat. Hat er ihn dann doch geleert, dann wurde die Post ungeöffnet gehortet.
PUH!
Nun brauche ich erstmal ne Schreibpause... ich schreibe und berichte später weiter. Vieles hat sich seitdem getan, aber - ich weiss nicht mehr weiter.
Sorry, keine Ahnung, ob das jetzt der richtige Weg zur Fortsetzung ist...
um es kurz zu fassen: MIT der Einwilligung von meinem Freund habe ich die Post aufgearbeitet, die Wohnung entmüllt, den Garten befreit (daran waren auch Freunde beteiligt), Rechnungen bezahlt, Steuererklärungen vorbereitet und ihn zum Steuerberater begleitet.
Am wichtigsten aber ist wahrscheinlich, das ich ihn zur regelmäßigen Einnahme seiner Tabletten angehalten habe (Blutdruck). Er bemüht sich sichtlich darum.
Wenn ich ihn jetzt tagtäglich sehe, dann denke ich oft, es geht ihm gut. Er wirkt ganz zufrieden, wenn er auf meinem Sofa sitzt und Fernsehen guckt oder Radio hört. Oft berichtet er mir auch begeistert davon. Und wenn ich sehe, wie er ganz versunken in ein Kreutzworträtsel ist - das ist wie Balsam für meine Seele!
Sein Tagesablauf heute ist, das er zwischen 11 und 14 Uhr aufsteht, gerne auch gleich etwas isst, und dann stundenlang im Bademantel auf dem Sofa sitzt und Fernseh guckt. Seit ca. 3 Wochen dränge ich ihn, er möchte zum Friseur gehen - und er weicht aus.... Typischerweise geht er aufs Klo. Hinterher sagt er, er überlegt, ob er heute noch in die Sauna gehen muss (was er dann nur unter allerhöchstem Druck tut).
Ich selber bin leider eine typische Angehörige. Ich bin ein erwachsenes Kind aus suchtkranker Familie. Wer weiss, was das bedeutet, der weiss auch, das ich immerzu versuche, (m)einem geliebten Menschen zu helfen, und ihm das Leben zu erleichtern. Das heißt im Klartext, das ich alles hier mache... einkaufen, waschen...
OK, er kocht manchmal, und einmal im Monat wäscht er auch überraschend ab, und wenn Wäsche draussen hängt und es fängt an zu regnen, dann ist er im Sprint unten und holt die Wäsche hoch.
Nur schafft er es nicht, sich um seine Dinge zu kümmern. Seine Eltern leben nicht mehr, das Haus mit 3 Wohnungen verfällt und steht leer. Ich fahre regelmäßig hin und leere den Postkasten, mähe Rasen, zupfe Unkraut... aber ich kann nicht mehr...
Es ist so vergebens!
Kann mich jemand verstehen?
#3
Liebe Maren ! Verstehen kann ich Dich, ja. Ich kann auch verstehen, dass Du Dich so für ihn einsetzt.
Aber Du solltest nicht weiter die ganze Last alleine tragen.
1. Frage : Was wäre mit Hausverkaufen und eine Wohnung anmieten , die Platz genug hat für euch beide ?
2.Frage : Ist er ansonsten finanziell versorgt, so dass Du nicht alles allein bestreitest ?
3.Frage : wie sieht es mit seiner seelischen Verfassung aus ? Davon hängt ab, inwieweit Du vielleicht über die Zeit erreichen kannst,
dass er ganz bestimmte Aufgaben für euer Zusammenleben übernimmt ?
Oder Ihr denkt eben in der Kategorie meine Wohnung - Deine Wohnung, auch gut.
Daneben gibt es noch Sozialstation und diverse Beratungstellen, so dass er seine Sachen alleine klären kann, soweit er es schafft.
Maren, ich weiss, wovon ich rede , denn mein Mann ist seit Geburt Spastiker und somit 100% schwerbehindert und ich bin (56Jahre) seit
bald 30 Jahren mit ihm verheiratet und an Taubheit grenzend schwerhörig und seelisch auch nicht voll belastbar.
Darum geht es bei uns nach dem Motto, Hilfe ja, aber nur soviel wie NÖTIG , soviel wie möglich macht er selber.
Freilich bin ich nicht blind und merke, dieses SELBER MACHEN fällt ihm zunehmend schwerer von der Kraft her.
Aber ich sage nix, er muss selber was sagen, wenn er mich braucht.....ich will ja nicht vor der Zeit aus den Latschen kippen, weil
ich so gutmütig alles machte...............abgesehen davon habe ich natürlich meine eigenen Probleme, sonst wäre ich nicht hier.
Das soll erstmal reichen als erster Anstoss, vielleicht senfen andere auch noch was dazu. (geben ihren Senf dazu )
Grüssele Mausohr
Liebes Mausohr!
Hab vielen Dank für Deine Rückmeldung und Deine Fragen! Hier kommen meine Antworten (ich hatte schonmal geantwortet, aber die Antwort ist weg ?)
1. Eine gemeinsame Wohnung zu kaufen oder zu mieten, das war auch ein Gedanke von mir. Nur leider haben wir bisher keine gefunden, die uns gefällt.
2. Ja, er ist finanziell so gut aufgestellt, das er zur Zeit unseren gesamten Lebensunterhalt bestreitet, abgesehen von meiner Miete und den Nebenkosten.
3. Das kann ich nicht einschätzen! Auf mich wirkt er, als wäre er rundum zufrieden, solange ich ihn nicht unter Druck setze.
Ihn alleine wohnen zu lassen kommt für mich nicht mehr in Frage. Er ist nicht alltagstauglich - und das meine ich ganz sachlich und nicht etwa abwertend.
Und: Direkt nach seinem Schlaganfall hat er mich gefragt, ob ich voll und ganz zu ihm stehe. Ich habe das bejaht. Und dazu möchte ich auch stehen. Er ist mir lieb, ich habe ihn lieb.
Liebe Numi,
ich bin platt!
Du hast mir soviel zu lesen gelesen, ich kann das nur stückchenweise aufnehmen. Doch ich erkenne mich wieder, und ich erkenne meinen Partner wieder.
Was Du schreibst, klingt für mich bisher schlüssig.
Das hat mir für heute eine große Erleichterung gebracht. Ich danke Dir dafür! Ich habe endlich mal wieder sowas wie "Leichtigkeit" gespürt!
Jetzt kommen wieder Zweifel, weil die Zeit doch drängt. Panik ist mein Gefühl, weil die Zeit doch läuft... man müßte jetzt handeln...
Mein Gefühl sagt mir, das Panik nix nützt.
Ich werde mir alles, was Du mir per Link empfohlen hast, ausdrucken (wenn das geht) und in Ruhe und konzentriert durchlesen. Ich spüre Angst dabei, weil, wie wird es werden, wenn ich mein Verhalten ändere? Dies ist das bekannte Problem von Angehörigen - so scheint es mir.
Antwort auf Deine folgende Frage:
OK, er kocht manchmal, und einmal im Monat wäscht er auch überraschend ab, und wenn Wäsche draussen hängt und es fängt an zu regnen, dann ist er im Sprint unten und holt die Wäsche hoch.
Wie reagierst du darauf? Verstärkst du dieses Verhalten positiv, oder sagst du gar nichts, oder sagst du etwas, das diese Leistung in Bezug zu den vielen während der restlichen Zeit nicht erbrachten Leistungen bringt?
Ich versuche, ihm zu sagen, wenn mir etwas gut gefällt. Wenn sein Essen lecker war, und wie schön es ist, das er abgewaschen hat und SUPER, das Du so schnell die Wäsche ringeholt hast!
Vielen Dank und bis denne
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