Selbstbestimmung und Würde

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07.01.2020 09:56
avatar  IBI
#1
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In den Büchern von Sandra Felton hat mir am meisten gefallen, dass es für sie wichtig ist, dass der Messie seine Würde wieder findet.
Wie er das machen kann, nun ja, da hat sie ihre Aufräummethoden entwickelt, die mir nicht entsprochen haben.

Aber seine eigene Würde finden und herstellen, das finde ich wichtig.
Die Würde es Menschen ist unantastbar - so heisst es im Grundgesetz. Ungünstigerweise handeln so viele Menschen nicht nach diesem Gesetz.

Die Bewertung, dass ein Messie sich selber eine unwürdige Lebensqualität verschafft, kann ich verstehen und gleichzeitig ist es ein Dilemma, zu bemerken, dass es sich nicht mal eben so verändern lässt, weil soo viel mehr da war, das dazu geführt hat, dass es zu dieser Lebensweise gekommen ist. Das sehen die meisten Aussenstehenden leider nicht.


Nur WIE schreit ein verzweifeltes etwas in mir geht das?
Die Frage kann ich bis heute nicht beantworten, doch ich habe Vertrauen, dass ich diese Antworten finden werde.

Ich bekomme immer mehr mit wie wenig selbstbestimmt mein Leben bisher war und in wie vielen Momenten ich entwürdigt und meine Grenzen überschritten wurden.
Das ist teilweise ganz schön traurig und schmerzhaft all diese Gelegenheiten zu erfahren.
Doch weil ich sozusagen das VORGELEBT bekam, habe ich das meiste abgeschaut und verhalte mich leider anderen gegenüber auch oft grenz-verletzend und entwürdigend. Nicht das, was ich mir wünsche, aber im Moment ist es leider so. Ich wurde zu wenig darauf aufmerksam gemacht, wann es anders war. Nein, im Gegenteil, zu vielem, was einem gegen den Strich geht, gezwungen zu werden, lagert sich heftig ein. Da fühlt man sich selten fähig selber zu bestimmen, was man machen möchte.


Glücklicherweise habe ich Begleiter, die mich darauf aufmerksam machen, wann ich doch selbstbestimmt handle (ohne dass ich es bewusst merke). Das trägt auch dazu bei, sein Selbstbewusstsein weiter zu entwickeln. Gleiches gilt auch, wenn ich selber Grenzen setze. Das bemerke ich oft nicht.

Wann sorgt ihr dafür würdevoll mit euch umzugehen und selbstbestimmt zu handeln?

LG
Sonja


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08.01.2020 11:43
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#2
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Ohne zu wissen wie sich das umsetzen lässt,
ist irgendjemandem ausser mir dieses Thema wichtig?

LG
Sonja


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08.01.2020 14:22
avatar  Wolfram
#3
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Hi Sonja,

das Thema finde ich schon wichtig- Selbstbestimmung wäre gut, wenn diese von anderen zugelassen würde. Aber über Politik will ich hier nicht schreiben. Lebt Barbara selbstbestimmt? ich glaube, nicht.
Zur Würde gibt es von Gerald Hüther auf Youtube Vorträge. Auch hier ist die Politik ausgespart. Würde gibt es nur da, wo sie auch zugelassen wird.
Da ich mich gerade etwas mit Demenz beschäftige, auch Demente haben eine Würde, obwohl diese auch falsche Aussagen machen können.

viele Grüße
Wolfram


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08.01.2020 16:05
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#4
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Hi Wolfram,

scheint so, dass ich deine damit alt bekannten Themen getriggert habe.

Nun gut, du hast deine Erlebnisse gesammelt, in denen du nicht gehört worden bist und bei denen deine Meinung nicht gewürdigt und du in deiner Würde, mit dem was dir wichtig war, verletzt wurdest. Das kannst du rückwirkend nicht ändern.
Ich versuche gerade dein schreckliches Erleben anzuerkennen und zu würdigen, dass es so war. Wie geht es dir damit, wenn du das liest?

Du kannst ändern, dass du deine eigenen Würde definierst und mit dieser Definition im Herzen zukünftig unterwegs bist.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass du in der Lage sein würdest, anzusprechen, dass du dich in deiner Würde verletzt würdest - sollte es nochmal eine ähnliche Situation geben, in der deine Meinungsäusserung unerwünscht ist.
Jedes Mal, wenn du den Eindruck hast, ein Mensch hört dir nicht aufmerksam genug zu, kannst du sagen, dass es dich in deiner Würde verletzt. Bedarf natürlich von deiner Seite die volle Aufmerksamkeit von dir für andere.

Liest sich leicht und beinhaltet sehr viele unterschiedliche Kontexte, dass es komplex werden kann. Wie geschrieben, ich habe mein Würdegefäss bisher nicht gefüllt, sondern arbeite daran, das für mich zu finden. Es ist o.k., dass ich meine Zeit dafür benötigen werde und die werde ich mir nehmen ohne mich zu drängen und stressen.

Das Buch von Gerald Hüther hat mich dazu bewegt, zu prüfen, was meiner Würde entspricht.
Ich kann mir selbst die Frage noch nicht beantworten, doch mein Innerstes weiss, dass es das zuerst braucht, um für mich in unterschiedlichen Kontexten einstehen zu können.
Von Udo Baer gibt es auch ein Buch zum Thema Würde. Das lese ich gerade.

Wenn ihr mal den Blick in eurer Selbsthilfegruppe in eine weitere Richtung lenken möchtet, so empfehle ich diese Richtung.
Es gibt übrigens Würdegruppen - die kann man auf der Würdeseite von Hüther finden.

Nein, Barbara lebt gerade nicht selbstbestimmt.
Sie ist leider nicht in der Lage für sich einzustehen.
Dafür ist das Trauma - Wohnung verlieren und in eine Einrichtung eingewiesen zu werden - zu belastend.

Liebe Grüsse
Sonja


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17.04.2020 08:46
avatar  IBI
#5
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Wie schnell ein so wichtiges Thema aus dem Blickfeld gerät.

Ja, vermutlich, weil die wenigsten wissen, dass sie sich selber oft würdelos behandeln mit ihren ständigen inneren Vorwürfen an sich selbst.
Auch ich gehe oft genug mit mir unter meiner Würde um, weil ich es in meinen Dramadreiecksgefügen nicht anders gelernt habe.

Anders damit sein, geht erst, wenn man selber bemerkt und wahrnimmt, welche Handlungsweisen sich wie auswirken bzw. einfach wie unveränderlich regelmässig wiederholt werden, obwohl man weiss, dass sie nicht sinnvoll sind.

Ich bin mir nicht sicher, ob es vorher die Schritte der Akzeptanz und des Annehmens braucht ehe man in Richtung Würde kommen kann.

In diesen Zeiten von Corona werden viele Handlungsmöglichkeiten von aussen eingeschränkt. Damit mögen vielen nicht umgehen. Doch in diesen Zeiten trotz solcher drastischer Einschränkungen seine Würde zu bewahren, das ist vermutlich die hohe Kunst für viele.
Ich respektiere die Einschränkungen, auch wenn ich manches gerne als Möglichkeit wieder zur Verfügung hätte. Ich finde Alternativen, mit denen ich mich beschäftigen kann, auch wenn sie mit Aufräumen wenig zu tun haben. Ich kann mich beispielsweise damit Beschäftigen wie Solidarität funktionieren könnte oder was geschehen könnte, sollte ich einen nahen Menschen verlieren und im Vorfeld bereits etwas für diese möglichen Situationen tun, um mein System zu beruhigen.
Klar, in dem Augenblick, in dem ich mich mit diesen Gedanken beschäftige, geht es mir eher weniger gut (drum freue ich mich, wenn ich Zuhörer dafür finde, die mir mit ihrer Empathie zur Seite stehen - alleine machen, ist wirklich nicht so sinnvoll und wirksam) doch eine Weile später, kann ich mit diesen Gedanken einfach ruhiger umgehen und falls die Situation eintreffen sollte, wär es immer noch traurig, aber die Trauer hat eine anderer Qualität und die lässt sich insgesamt leichter aushalten und tragen.
Damit stärke ich, mein Würdegefäss ohne dass es mir wirklich bewusst ist. Denn ich habe danach begonnen traurige Teile und Begebenheiten zu akzeptieren und anzunehmen, die ich dann nicht ändern können werde und damit fühle ich mich deutlich weniger hilflos oder ohnmächtig, wenn ich nur "zusehen" kann.
Hmm, wenn ich ehrlich bin, find ich das irgendwie genial, dass man sich auf diese Weise auf mögliche Katastrophen im persönlichen Umfeld vorbereiten kann - im Austausch und in Begleitung anderer wohlgemerkt.
Alleine würde ich in den Emotionen festhängen bleiben und depressiv werden, weil ich es nicht aushalten könnte.

Inzwischen kann ich es zeitweise und dann bin ich sehr froh darum zu wissen, dass Menschen mir zuhören werden.

Mit all den Einschränkungen für Alternativen sorgen und dafür sorgen TROTZDEM seine Würde zu erhalten und damit in seiner Selbstbestimmung zu bleiben und sich nicht aus der Opferrolle in die gewohnte "gelähmt und hilfos-Haltung" zu begeben, das macht den Unterschied.

Vor drei Monaten habe ich geschrieben, dass ich nicht wüsste, was ich selber damit meine. Und das war vor drei Monaten so.
Somit bin ich erfreut, selber mitzubekommen, was mein Unbewusstes in diesen drei Monaten alles für mich getan hat und ich heute den Text in dieser Form schreiben kann.
Das macht Spass diese Fortschritte, die sich aus den emotionalen Tälern ergeben, zu bemerken und sich darüber bewusst zu werden.

Die zeigen sich wie von selbst ohne Anstrengung, dass ich irgendwelche Handlungsweisen bewusst in meinen Kopf gehämmert hätte. Nein, sie tauchen einfach auf.

Liebe Grüsse
Sonja


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