Die olle Scham!

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19.02.2014 20:55
avatar  IBI
#6
IB
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liebe sonea,

danke. ein Thema, dass mich immer wieder begleitet.

vg
sonja


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19.02.2014 21:36
#7
Ta
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Liebe Sonea ! Ja, was Du da schreibst mit dem Satz "Stimmt was nicht mit meiner Überweisung?" das kenne ich nur zu gut. Ich bin ganz überrascht,so eine Geschichte
von einer hörenden Person zu erfahren, denn ich dachte bisher immer, dass solches Verhalten eher typisch ist für Hörgeschädigte aller Schweregrade bis gehörlos.
Das wird wohl auch einer der Gründe sein, weswegen ich in der Hörenden - Welt so schwer Fuss fassen konnte in jungen Jahren.
Eines der gravierendsten Erlebnisse für im Grunde überflüssiges Schämen war eine Weihnachtsfeier einer diakonischen Einrichtung für uns Mitarbeiter.
ich habe fast den ganzen Abend nur dabei gesessen und sehr wenig von der Unterhaltung verstanden. Es war auch schwer wegen der Geräuschkulisse.
Aber ich kann ja vom Mund ablesen, das erleichtert einiges. Irgendwie fing ich an zu weinen, weil keiner mit mir sprach. Immerhin waren wir ja ein diakonisches Haus,
da dachte ich schon, dass auch Mitarbeiter untereinander einen Gemeinschaftssinn haben. Schliesslich erbarmte sich ein sehr junger Pfleger und begleitete
mich zur Strassenbahn. Dabei hat er mir dann erklärt, was ich damals nicht von selber verstand: die Pfleger und Schwestern müssen mit den alten und kranken
Menschen den ganzen Tag deutlich und laut sprechen, da wollen sie jetzt mal reden, wie ihnen der schnabel gewachsen ist.
Sie haben schlicht keine Kraft für Rücksichtnahme auf mich...............da war ich dann zwar aufgeklärt, aber ich hatte auch begriffen, das hier war keine
Gemeinschaft im Sinne von Jesus, sondern das christliche Element erwies sich als Mäntelchen. Es gab noch andere Situationen, woran ich das erkannte.

Da war es dann nach 6 Jahren nicht schwer, dort aufzuhören. Später habe ich gar nicht mehr erwartet, dass ich Teil einer Gemeinschaft sein kann, weil ich wusste,
dass sich nur sehr wenige gern Mühe geben, damit ich dabei bin. Es ist für viele zu anstrengend, mit Schwerhörigen zu reden und die Betroffenen wissen das in der Regel auch
und ziehen sich gerade im Alter immer mehr zurück.............die Folge ist Einsamkeit und das kann zu den verschiedensten Krankheiten führen.........
Ich hoffe, ich langweile euch nicht damit........

Grüssele Mausohr


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20.02.2014 01:21
avatar  Kayla
#8
Ka
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Nö, Mausöhrchen, ist wirklich kein spezielles Problem von Menschen mit beeinträchtigtem Gehör. Wenn ich auf Arbeit die Chefin durch Zufall höre, dass sie irgendwas Negatives anspricht, heb ich auch sofort die Hand ...
Umgekehrt kann ich mit Lob gar nicht umgehen. Da schäm ich mich auch ... zumindest ist Verlegenheit ein Gefühl, das bei mir gleich neben der Scham wohnt - vielleicht leben die Beiden auch in einer eheählichen Beziehung - fühlt sich jedenfalls genau so an.
Ich kann mich für absolut alles schämen. Dazu hab ich echt ein Talent. Irres Beispiel. Wenn schönes Wetter ist und ich meine Wäsche draußen auf die Leine hänge, pass ich höllisch auf, dass auch ja nur de "perfekten" Sachen raushänge. Ein Bettbezug, an dem in der Waschmaaaschine ein Knopf abgegangen ist? Undenkbar, der muss auf den Wäschetrockner auf dem Balkon.
Mein Verstand sagt mir, dass das lächerlich ist. Ich wohne nicht in einer "feinen" Wohngegend, kein Mensch macht sich hier Gedanken drüber, was ein anderer auf die Leine hängt, aber ich bin halt ein Idiot. Und nicht mal wegen die Leut ... die sind mir sogar mal noch realtiv schnuppe. Mein eigenes Anspruchsdenken ist viel zu hoch und ich kriegs einfach nicht auf ein normales Level heruntergebrochen.
Es gibt eine gute Seite daran. Denn ich weiß, woher das stammt. Sowohl meine Großeltern, als auch meine Eltern hatten immer den beliebten Satz im Mund: "Man macht eine Sache perfekt oder man lässt sie!!"
Da ich das wusste, hab ich bei meinen Kindern ganz konsequent darauf verzichtet. Wichtig ist, sich zu entscheiden und Dinge fertig zu bringen und zwar optimal, nicht perfekt. Wenn man über eine Sache sagen kann, man hat sie unter gegebenen Umständen bei aller Mühe nicht besser hinbekommen, dann ist das eben so.
Dass das richtig war, merke ich heute, wenn ich meine Kiddies beobachte. Sie sind viel lebenstauglicher und unbeschwerter als ich es je war oder sein könnte.
Die Folge aus so einem viel zu hohen Anspruchsdenken ist nämlich auch verminderte Risikobereitschaft, weil man ständig abzirkelt, ob man sich vielleicht auf etwas einlässt, für das man sich bei Versagen schämt. Auf Grund dieses Beitrages habe ich eine konkrete Sache überdacht und geändert. Ich wollte ja meine Sprachkundigenprüfung nachholen. Aus gutem Grund hatte ich in Erwägung gezogen, bei 0 an zu fangen, obwohl ich haargenau weiß, das ich mich dann ein vierteljahr totlangweile und außer ein paar wenigen neuen Vokablen, die ich auch nebenbei lernen kann, nicht wirklich was Neues rüberkommt.
Heute hab ich die Anmeldung geändert, nachdem ich einige Zeit über den Eröffnungsbeitrag nachgedacht hatte und bin eine Etage höher eingestiegen.
Es war wirklich nur wieder vorauseilende Angst, beschämt zu werden, wenn ich was nicht gleich auf Anhieb kann. Lol ... mal ehrlich. Ich lese russische Bücher und brauche nicht mehr all zu oft ein Wörterbuch und wollte wirklich wieder anfangen mit "Ein Buch liegt auf/unter/neben dem Tisch"? Nicht wirklich. Aber so blöd bin ich halt. Alles auf Nummer sicher, ja nie versagen, ja niemals etwas "grade so" schaffen, andere könnten einen ja für dumm/faul halten.
Ich glaube, für mich wärs ein gutes Training, mal absichtlich durch irgendeine Prüfung zu fallen, damit mein Teufelchen begreift, dass auch davon die Welt nicht untergeht. Aber das wäre für mich ungefähr das Gleiche, als sollte ich aus dem Sttand inen doppelten Salto achen - ich kanns einfach nicht.

Alles Liebe
Kay

Ordnung ist etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos. (Arthur Schnitzler)


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20.02.2014 10:43
#9
Ta
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Liebe Kayla, dankeschön. Dadurch erinnerte ich mich wieder :
In dieser ersten Ausbildung damals hatte ich versagt und in den anderen darauf folgenden Arbeitsplätzen auch.
Das hat mir soviel Angst vor neuerlichem Versagen eingejagt, dass ich gar nicht auf die Idee kam, nach vernünftigen beruflichen Alternativen
zu suchen, zumal Mama damals sagte, "ich gab mir soviel Mühe, damit du diesen Ausbildungsplatz bekommst und du hast es versemmelt,
jetzt sieh zu, wie du weiterkommst." Auf deutsch hiess das für mich, du kannst machen was du willst, das wird sowieso alles nix.
Dann kannst du auch saubermachen, das muss auch sein. Leider habe ich mir dadurch dann gesundheitliche Probleme (haut ausgetrocknet)
eingehandelt............also (indirekt) wieder versagt.
Fazit : Angst,Schmerz,Scham wohnen wohl dicht beieinander und es ist nicht immer leicht, dem Dreigespann auf die Schliche zu kommen..........
Manchmal bin ich ein bisschen traurig, dass vieles erst so spät klar wird, aber was solls. Ist okay so, hauptsache, man macht irgendwie weiter.
Fürs autodidaktische Lernen,also selbst lernen, was sich ja anbieten würde, bin ich wohl nicht so der Typ, ich brauche Anleitung........
Grüssele Mausohr


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20.02.2014 12:35
avatar  Sonea
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Dazu fällt mir der Herr Schultz von Thun ein - 4 Botschaften einer Nachricht / 4-Ohren Modell
Mausohr, wobei es da eher auf unsere innere Stimme ankommt wie was aufgefasst wird.

Dabei wird eine Botschaft in 4 Aspekte aufgeteilt, die vom Sender und vom Empfänger jeweils auf einer der 4 Ebenen ausgesprochen oder gehört wird:
Der Sachinhalt (Worüber ich dich informiere), die Selbstoffenbarung (Was ich von mir selbst kund gebe), der Appellaspekt (Wozu ich dich veranlassen möchte), der Beziehungsaspekt (Was ich von dir halte und wie wir zueinander stehen)

Ein Beispiel:
Mann und Frau sitzen beim Essen zusammen und der Mann entdeckt die Kapern in der Soße:

Er sagt:
Sachebene: Da ist was Grünes.
Selbstoffenbarung: Ich weiß nicht was das ist.
Beziehung: Du wirst es wissen
Appell: Sag mir, was das ist.

Sie hört:
Sachebene: Da ist was Grünes.
Selbstoffenbarung: Mir schmeckt es nicht
Beziehungsebene: Du bis eine miese Köchin
Appell: Lass nächstes mal das Grüne weg.

So gibt es viele Beispiele.... auch z.B. der Satz: "Ist noch Kaffee da?" kann ganz unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Die reine Sachebene, oder ich bemerke dass mein Gegenüber müde ist, ich schäme mich den letzten Kaffee getrunken zu haben, oder ich steh auf und setz sofort nen neuen auf.

So kann man vielleicht dem ein oder anderen Kommunikationsfehler auf die Schliche kommen, bzw mal schauen welches "Ohr" denn am meisten ausgeprägt ist.

Grüßle Sonea

Mann sagt


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