Hallo liebes Forum,
habe mich nun angemeldet, nachdem die Situation meiner Mutter wieder eine Stufe heftiger wurde.
Kurze Zusammenfassung: Mutter zog nach Tod ihrer Eltern in deren Haus (Miete). Zeug aus 2 - 3 Haushalten kamen da in einem zusammen. Einen Großteil habe ich gegen unfassbar viel Wiederstand aufgearbeitet, u.a. um mir ein mir zustehendes Zimmer zu renovieren (war danach nie wieder Thema von Ärger ihrerseits). Es gab vor einigen Jahren zwar noch kooperative Momente (= nach viel „gesundem Druck“ und unter ihrer Beobachtung) durfe ich weitere Zimmer für sie freiräumen, die aber bald wieder zumüllten. (dass sie selbst nicht aufräumen kann verstehe ich ja, dass aber ein geräumter Zustand einigermaßen gehalten werden kann?!)
Vernünftig Besprechen selbst kann sie zumindest mit mir das Thema gar nicht, da schaltet sie sofort in einen Verdrängungsprozess, von dem ich wiederum manchmal richtigehend einen Hass auf sie bekomme. Wie schon andere Angehörige schrieben: Ich muss sehr meine eigenen Befindlichkeiten zurückstecken durch ihr „Ich-Will-JETZT-nicht (darüber reden, Gedanken machen, tun)“, und auch wenn es sich um kompexe psychische, nicht beabsichtigte Muster handelt, sind die Auswirkungen schon ziemlich egoistisch.
Ich habe nicht den Eindruck, dass sie im Gegensatz zu vielen hier Betroffenen Messies im Forum wirklich einsichtig und ehrlich mit sich und ihren Angehörigen ist. Ist natürlich ein Schutz, aber mit enormen negativen Auswirkungen, die sich immer mehr potenzieren. Ich finde schon, dass es auch eine willentliche, wahre oder eben andererseits damit auch eine bewusste Entscheidung gegen eine willentliche Basis / Bereitschaft für eine Auseinandersetzung mit dem Thema gibt. Nach außen hin betrachtet macht sie zwar etwas in die Richtung, etwa Selbsthilfegruppe oder Therapie besuchen, das Absurde ist aber, dass es seit damals nur noch schlimmer wurde. Wenn es zu "eng" wird, wechselt sie Therapeuten oder auch einmal Freundinnen.
Wenn ich mit Sozialarbeitern oder Freundinnen von ihr rede, mit denen sie über das Thema gesprochen hat, merke ich, wie sie Treffen und Gespräche dieser Art auf eine ganz eigene, selbstmanipulative Art nutzt, um sich eine Legitimität für ihre Situation herzustellen, nur um sie dann dabei zu belassen. Es geht nicht um eine Änderung der Situation an sich sondern ausschließlich um die Zufriedenstellung des akteullen Moments (=der leichteste Weg), der aber nur mit Verdrängung und deren Nebenwirkungen einhergehen kann. Es zählt ausschließlich das momentane Glücksgefühl, wie bei einer 4 jährigen.
Das klingt jetzt als Sohn kalt meiner Mutter gegenüber, die Wahrheit ist aber, ich mag sie in ihrem innersten Wesen sogar sehr, mir gehen viele Tätigkeiten mit ihr ab. Wir haben durchaus eine gemeinsame Ebene (was mir manchmal auch Angst macht hinsichtlich meiner Entiwicklung), ich kann aber selbst nicht mehr etwas gemeinsam unternehmen und gleichzeitig wie sie über diese Probleme hinwegsehen. Das, was sie verdrängt, werden meine Sorgen. Die Sorgen, wie sie im Winter mit 2 Mänteln im eiskalten Haus in ihrem Dreck lebt. Die Sorge, durch ihre Kerzen das Haus abzubrennen, den giftigen Schimmel einatmen, die Sorge innerhalb kurzer Zeit das Haus räumen zu müssen,..
Es wird mir oft geraten, ich muss den Zustand akzeptieren lernen, sie als getrennte Person betrachten, ich müsse mich distanzieren. Aber wenn man eine Person grundsätzlich mag und doch irgednwie eine tiefe innere Beziehung zu ihr hat, dann gibt es die sonst so schöne und nützliche Eigenschaft des emphatischen Mitleidens (wobei es mir manchmal eher von anstatt-leiden vorkommt ). Wenn ich dieses Mitleiden aufgebe / in mir ersticke, dann ist ja die menschliche Komponente weg, dann ist die Beziehung noch gestörter, als ohnehin schon.
Nun ist jedenfalls eine neue Stufe des Chaos erreicht. Nachdem sie die letzten 10 Jahre ohne Warmwasser und Zentralheizung (nur mehr in ihrem Zimmer kleiner Elektroofen) lebt, keinerlei Reperaturen zuließ (die Substanz des Hauses leidet enorm), hat nun das in die Jahre gekommene Stromnetz schlapp gemacht. Zum Handy-Aufladen geht sie zu McDonalds o. ä.
Ich habe diese Notsituation anfangs als Chance gesehen, nur um nach Wochen festzustellen, dass sie sogar diese Situation verdrängt (obwohl schon Sozialarbeiter, spezialisierte Therapeuten mit eingebunden waren). Nun ist mir klar: Sie hat komplett aufgegeben etwas zu ändern. Ich weiß nicht warum, aber das hätte ich nicht gedacht, es macht mich fertig.
Neben all der pemanenten Sorge um sie ist es für mich auch eine Zumutung, in unbestimmter Zukunft in kurzer Zeit dieses Haus alleine räumen zu müssen, sei es wegen einer Räumungsklage, wegen Krankheit, oder einfach weil das Haus einstürzt..
Die Frage ist: Habe ich nicht die Pflicht / das Recht gegen ihre Selbstverantwortung aber für ihre Gesundheit und langfristige Zufriedenheit zu handeln? Und ist mein Befinden nicht selbst auch ein legitimer Grund, dass sich an ihrer Situation etwas ändern muss? Man ist ja doch anders verbunden als mit fremden leidenden Menschen. Solange ich nicht selbst zu verdrängen beginne, leide ich.
Konkret denke ich da an einen Umzug in eine niederschwellig betreute Wohnsituation oder zumindest nach neuerlichem Räumen im Haus wöchentlichen Pflichtbesuche mit Aufräumbefugnis von Sozialarbeitern, etc..?! Freiwillig wird sie solche Schritte nicht machen. Wenn sie dann aber einmal in neuen Situationen ist, kann ich mir gut vorstellen, dass sie diese annimmt und absolut glücklich damit ist. Und ich könnte dadurch auch wieder beruhigter Schlafen, wenn ich sie in einer wirtlichen, gesunden Umgebung weiß.