Erstmal vielen Dank für die ausführlichen Antworten.
Ich wollte noch ergänzend einige Sachen schreiben.
Was Aufräumen angeht, war ich quasi immer ein Messie. Als Kind sah mein Zimmer immer aus als sei einen Bombe eingeschlagen. Wenn meine Eltern meinten ich soll mein Zimmer aufräumen, war das wie der Horror. Ich weiß nicht woher das kommt, obwohl es bei meinem Bruder auch so war. Meine Schwester war aber immer ordentlich und meine Deutsche Mutter war eher penibel ordentlich, aber weniger extrem als ihre Schwester(meine Tante). Dazu muss ich sagen, ich bin in New York aufgewachsen. Amerikaner sind alle nicht so ordentlich wie Deutsche, die ja oft akribisch sauber sind, was die Wohnung angeht, warum man sich auch nie als Extrem ansah. Die Buden der Nachbarn waren irgendwo halbwegs aufgeräumt aber nie "Schöne Wohnen". Daher empfand ich meine Schlampigkeit nie als Extrem.
Als Jugendliche sind meine Geschwister und ich mit meinen Eltern nach Deutschland gezogen. Das war für mich ein Kulturschock hoch 1000. Ich habe irgendwann alles was New York angeht, idealisiert. Das heißt, dass es mir bis heute schwer fällt Sachen, die ich noch aus meiner Kindheit aus den USA habe, wie alte US Mad Hefte, nicht wegwerfen kann. So geht es mir mit allem was ich noch aus der Zeit habe. Ich ÜBERbewerte/idealisiere diese Sachen. Dann sind mein Südamerikanischer Vater, und meine beiden Geschwister 8 Jahre später alle nach Südamerika gezogen. Sie wohnten aber nicht mehr zusammen da beide meine Geschwister über 20 waren. Daher habe ich so viel Kram von meinen Geschwistern und Vater wie Schallplatten, Bücher, Fotos usw. Mein Vater lebt also noch, also ist die Schwierigkeit mit dem Wegwerfen nicht wegen Erinnerung(zum Teil natürlich auch) aber eher weil ich denke es ist zu schade.
Dann möchte ich erwähnen, dass ich oft im Ausland, wie England, Frankreich und Belgien viele Jahre gearbeitet habe, und von 2000-2001 und nochmal von 2003 bis 2008 in Südamerika. In diesen Zeiten hatte ich den ganzen Kram entweder eingelagert oder meine Wohnung untervermietet, wo alles in einem Raum in Kisten gelagert war.
Das war so befreiend. Ich habe nichts von dem Kram im Ausland vermisst, obwohl es sehr viele wertvolle Sachen waren, wie die hunderten Kindheitsfotos, wertvolle arbeitsbezogene Sachen(ich arbeite in der Filmbranche), hochwertige Sachbücher. Dazu kam, dass ich mit sehr viel weniger Kram Ordnung gehalten habe. In Südamerika hatte ich eine Putzfrau, die einmal die Woche die Bude auf Hochglanz brachte.
Das heißt, ich putze oft nicht weil es mir zu mühselig ist. Ich kann total viel arbeiten wenn mir was Spaß macht, aber nicht wenn ich eine Aversion dagegen habe. Ich mache zB Radsport. Viele, die wie ich Radsport machen, reparieren am Rad alles selbst. Ich HASSE es und habe keine Geduld dafür. Ich kann einen Platten wechseln aber alles andere lasse ich im Radladen machen. Ich könnte auch nie eine Wohnung streichen. So Arbeiten machen mich wahnsinnig. Da steht aber im krassen Gegensatz zu meiner Arbeit, die sehr viel Geduld und Präzession erfordert, genauso wie mein Sport viel Disziplin erfordert und anstrengend ist. Das heißt, ich vernachlässige vieles wie Putzen, aber bin dafür umso disziplinierte, bei anderen Sachen. Viele Leute haben ein Bude wie geleckt, aber machen nie Sport, weil sie keine Zeit dafür haben. Ich denke wir haben alle nur eine gewissen menge an Energie.
Putzen raubt ja auch viel Zeit und Kraft, die ich lieber in meine Arbeit stecke. Ich arbeite zum Teil 12 Stunden am Tag.
Ich habe mir aber vorgenommen systematisch alles was ich definitiv nicht mehr brauche, zu entsorgen. Ich habe zB 3 riesige Müllsäcke mit Filmen auf VHS weggeschmissen, da man alles auf DVD nach geschmissen bekommt. Bei Büchern, wo ich weiß, die will keiner mehr, schmeiße ich sie knallhart weg. ALLE Freunde sagen, das sei zu schade. "Verschenk sie lieber oder verkauf sie auf Ebay blabla..."
Wenn ich das mache, heißt das, ich mache das am Ende sowieso nicht sondern ich schleppe den Kram noch 20 weitere Jahre mit mir herum um es irgendwann mal zu verschenken oder auf Ebay zu verkaufen. Die Enzyklopädie mag auf Ebay 50 Euro bringen WENN einer sie kauft, aber die Arbeit und Zeit, die ich damit verbringe, kostet mich am Ende mehr(wie du, Nimu, ähnlich beschrieben hast) als was es mir bringt.
Genau dieser Satz:"Wegwerfen würde ich das nicht. Das ist doch viel zu schade" ist mein Problem. So denke ich seit zehn Umzügen und habe darauf kein Bock mehr. Ich habe letzte Woche im Keller einen blauen Müllsack genommen, die erste Kiste gegriffen, reingeschaut, und alles in den Sack getan und direkt in den Müllkontainer, was ich ab jetzt wöchentlich mache(ich will nicht mehr als 1-2 Säcke pro Woche um nicht ungerecht den Nachbarn gegenüber was den Kontainer angeht zu sein).
Diese radikaler Schritt, ist wahrscheinlich der Grund warum ich jetzt auch hier schreibe. Ich habe das Gefühl endlich Nägel mit Köpfen zu machen, gerade auch was diese Milchmädchenrechnung angeht, die du, Nimu, erwähnt hast. Ich glaube, ich brauche gerade solchen Feedback und Ansporn, oder wo ich dann konkretere Fragen stellen kann.
Danke nochmal für die bisherigen Antworten und Tipps, die ich sehr gut gebrauchen kann, wie mit der Kiste zum verschenken.
Ich denke aber schon, dass dieses allgemeine Problem sich ungern von Sachen trennen, auch psychologische Ursachen hat und mein Messie-Denken auch tiefere Ursachen hat als nur Faulheit, aber da muss ich irgendwie noch erforschen.